Brot & Salz
Zu Gast bei Störtebeker, Reimann, Reuter und Co.
Gemeinschaftsproduktion 2023 von Mitgliedern des Landesverbands Freie Darstellende Künste MV
„In einer Kleinstadt in der tiefsten Provinz Mecklenburg-Vorpommerns steht der fast unbewohnte „Neubaublock“. Die Haustür steht offen, Stimmen und Musik sind zu hören, es riecht nach Klopsen.
Sie gehen die halbe Treppe rauf, links eine Fußmatte „Haxen abkratzen“ – die Tür öffnet sich. Sie befinden sich in der Wohnung von Fritz Reuter – oder sind Sie bei Uwe Johnson gelandet? Er ist heute in Plauderlaune; Sie setzen sich auf einen Hocker und kommen kaum zu Wort. Da klingelt es: Vieleicht ist es Brigitte Reimann aus dem dritten Stock, die um Hilfe bittet. Ihr Waschbecken ist wieder verstopft …“
Idee: Jana Sonnenberg / Team
Leitung / Regie: Jana Sonnenberg
Ausstattung: Mitgliedsbühnen des fredak-mv
Spiel: Immer wer Zeit hat
Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
DAS PROJEKT
Historische Berühmtheiten und teilweise fast vergessene Menschen aus Deutschlands Nordosten werden in einem performativen Stationen-Theater einem (wandernden) Publikum erlebbar gemacht. Die Bespielung „besonderer Orte“ in unterschiedlichen Zusammensetzungen der Akteur*innen gehören ebenso zum Konzept, wie die ungewöhnliche Arbeitsweise des fredak-Ensembles.
Die Grundidee ist ergebnisoffen skizziert, doch bereits seit dem ersten Treffen per Zoom hat sie sich konkretisiert und bewegt sich mittlerweile auf eine Premiere eventuell im September und Folgeaufführungen zu.
DAS ENSEMBLE
In der Auftakt-Staffel haben die fredak-Mitglieder Uwe Albrecht, Figurentheater Ernst Heiter, Musiktheater Cammin, Erzähltheater Birte Bernstein, Figurentheater Winter und Claudia Roick zu den Figuren Brigitte Reimann, Fritz Reuter, Klaus Störtebeker, Uwe Johnson, Ritter Carlow und Elisabeth von Doberschütz recherchiert.
Das Konzept versteht sich bewusst als offen und erweiterbar. Es ist geplant, dass mit der Zeit weitere Mitglieder mit ihren Figuren dazukommen und sich so eine dynamische Gesamtinszenierung mit wechselnden Inhalten ergibt.
ARBEITSWEISE
Aus den Rechercheergebnissen sollen zunächst sechs in sich geschlossene Kurzbühnenwerke erschaffen werden. Die längst vergangenen Geschehnisse entstehen in einer sehr lebendigen Erzählform für ein möglichst breites Publikum im Hier und Jetzt.
Jede Bühne arbeitet dabei in ihrer eigenen künstlerischen Sprache und mit den eigenen Stilmitteln, aber in enger Absprache mit allen beteiligten Künstler*innen sowie der Regie und im Rahmen einer gesetzten Rahmendramaturgie.
Dazu ist sowohl die selbstständige Stückentwicklung der einzelnen Bühnen vorgesehen, als auch mehrtägige gemeinsame Probenblöcke. Der Austausch mit Kolleg*innen und der Regie ermöglicht, die eigenen Sichtweisen zu hinterfragen, Neues zu entdecken und eventuell die Einzelteile miteinander zu verweben – ein thematisches und praktisches Experimentierfeld, was mit der Erforschung neuer Spielorte noch erweitert wird.
ENTWICKLUNG
Nachdem der Projektantrag unter dem Arbeitstitel „Nordmenschen“ vom Fond Darstellende Künste bewilligt war, informierte Jana Sonnenberg die fredak-Mitglieder und organisierte eine erste Zoom-Konferenz für die Auftakt-Staffel.
Fragen, Bedenken und vor allem viele spannende Ideen flogen durchs Netz, nur gebremst von der unzulänglichen Technik, die in manchen Teilen unseres Bundeslandes immer noch keine stabile Internetverbindung garantiert. Wir beschlossen, uns so bald wie möglich persönlich zu treffen und machten unsere Vorschläge bis dahin schriftlich. Jede Bühne skizzierte ihre Figur, die geplante Szene aus deren Leben und das zugrundeliegende Inszenierungsinteresse.
16. bis 19. Februar 2023 – 1. gemeinsamer Probenblock im Kornhaus Bad Doberan
Mit der Übernachtungsmöglichkeit im Gästehaus, einem Aufenthaltsraum, dem Theatersaal und einem separaten Proberaum standen uns wunderbare Voraussetzungen zur Verfügung. Im Stundentakt arbeitete Jana Sonnenberg mit den einzelnen Bühnen vor allem an Aussagen und Spielmöglichkeiten der entsprechenden Figuren. In der Zwischenzeit bis zur nächsten intensiven Probeneinheit hatte man Muße, teils allein, teils im Austausch mit den anderen daran weiterzutüfteln. Nach den gemeinsamen Essen wurden die täglichen Ergebnisse den Kolleg*innen in der Gruppe vorgestellt, was u. a. dazu beitrug, sich selbst Klarheit zu verschaffen. Daraus entwickelten sich Diskussionen, die durchweg konstruktiv ausfielen. Und wie es so ist in einem Flächenland, in dem man sich nur selten trifft, wurde mancher Abend lang.
Wanderregie
Mit mehr oder weniger konkretem Rüstzeug führten die einzelnen Ensemblemitglieder nun selbstständig fort, was in Bad Doberan in die Wege geleitet wurde. Das konnte weitere Recherche sein, Ausarbeitung des Szenenablaufs, Entscheidungen für Material und Requisiten bis hin zu Spiel- und Textvorschlägen.
Jana Sonnenberg reiste jeweils einen Tag lang zu den einzelnen Bühnen, die sich im ganzen Bundesland verteilen. In diesen Stunden wurden die Szenen verdichtet, manches verworfen und manches neu entwickelt. Spannendes Material ist entstanden, worauf nun weiter aufgebaut werden kann.
29. März bis 02. April 2023 – 2. gemeinsamer Probenblock im Kornhaus Bad Doberan
Wie immer bei Gemeinschaftsprojekten ist es eine große Herausforderung, den passenden Termin für alle zu finden, besonders wenn es sich um eine Einheit von mehreren Tagen handelt. So mussten wir diesmal ein wenig „umschichtig“ vorgehen, aber das kennen wir bereits von den Gruppeninszenierungen „Sagenhaft“ und „Meerliebe“.
Bei diesem Probenblock war zum ersten Mal auch Martin Schneider als Co-Regisseur anwesend und konnte die Kurzinszenierungen mit unverbrauchtem Blick beurteilen und erweitern.
In einem „Showing“ wurde der momentane Entwicklungsstand der verschiedenen Szenen allen Beteiligten vorgestellt.
Vom Schwank über besondere Erzählformen bis zur performativen Kunstinstallation ist alles dabei.
Während das Regieteam in mehreren Runden von Einzelproben daran weiterarbeitete, feilten die anderen inzwischen zum Teil allein, zum Teil im Austausch mit Kolleg*innen an ihrem Kurzstück.
Es waren sehr intensive Tage (und Abende) voller Inspiration mit rauchenden Köpfen, sinnlichem Entdecken, Wege suchen und über Lösungen stolpern – gepaart mit entspanntem Gelächter und zufriedener Erschöpfung.
Impressionen (Fotos: Maren Winter / Jana Sonnenberg)
Der 3. Probenblock ist am 14. und 15. Juni 2023 in Wolgast geplant
und zwar in den Wohnungen eines leergezogenen Neubaublocks in dem vielleicht auch die Premiere im September stattfinden kann.
Bis dahin werden sich Jana Sonnenberg und Co-Regisseur Martin Schneider mit einzelnen Ensemble-Mitgliedern treffen, um sich mit speziellen Inhalten genauer auseinanderzusetzen, die eventuell eine Erweiterung des ursprünglichen Konzepts verlangen.